Eventuell hat mich die kürzlich zurückliegende, offizielle Eröffnung der Frankfurter Grie-Soß-Saison so sehr beeindruckt, daß ich diesen Newsletter “Sieben Kräuter” genannt habe (kurz: 7K, weil was mit Zahlen immer sofort cool klingt). Wer mich jemals in Frankfurt besucht hat, kam jedenfalls nicht um die Verkostung dieser überraschenderweise kalten, dann aber anscheinend doch recht okayen lokalen Spezialität herum, die von allen lokalen Spezialitäten die beste ist (looking at you Rauchemaad, Nesterhebbes und Labskaus, die alle miteinander exakt so schmecken wie sie klingen).
Auf die Sieben Kräuter in der Grie Soß können sich alle einigen (kein Dill), beim Rest wirds schon schwieriger. Ich habe dazu selbstverständlich eine festgefahrene Meinung, wie es sich gehört.
Aber all das erklärt aber noch nicht, warum ich das hier schreibe und warum ihr, wer auch immer ihr seid, das auch noch lest. Es hat damit zu tun, daß das mit dem Schreiben immer weniger beiläufig wurde. Es ist schön, daß ich das beruflich mache, aber manchmal möchte man ja doch nochmal zum Spaß, so wie früher. Dieses Früher™ ist in meinem Kopf sehr mit den Weblogs der Antville-Ära verbunden, und ja, Oma erzählt vom Browserkrieg, aber da müßt ihr Jüngeren jetzt mal kurz durch. Es gibt einen Text von Peter Praschl, der auch lange parallel neben mir herbloggte, über die frühe Blogosphäre, der sehr gut ist, und darin steht unter anderem Folgendes:
Man mochte die Leute, die nichts anderes waren als Textatem, nach Mitternacht, ein seltsames Strömen, an dem man merkte, es war da noch jemand anderer, der auch atmete, im selben Raum, manchmal setzte der Atem eine Zeitlang aus, dann machte man sich Sorgen, manchmal war es ein Hecheln, dann wunderte man sich. Wie gesagt, lange war das fast etwas Vegetatives.
Es war überhaupt das erste Mal, daß man schrieb, und jemand anderes da draußen konnte es sofort lesen, wenn man auf einen Knopf drückte. Das gab es vorher nicht, und das machte etwas mit dem Schreiben. So saß man also da und schrieb als eine Art Selbstvergewisserung und ohne Ziel und manchmal gelang einem etwas. Manchmal geschah, ohne daß man es planen konnte, ein großer Moment. Meistens aber nicht, meistens war es einfach nur gut, daß man da war und atmete und die anderen auch. Und wahrscheinlich war es auch ganz gut, daß man den Knopf, der den Text in die Welt schickte, nicht mit zu viel Bedeutung überlud, sonst hätte man ihn vermutlich nie gedrückt vor lauter Bammel.
Jedenfalls war das eine Form des Schreibens, die ich in dieser Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit nicht mehr erreicht habe. Das Motto “Blog like nobody’s watching”, wie Anke Groeners Weblog überschrieben ist, trifft es recht gut. Der vollständige Verzicht darauf, schlagfertig sein zu müssen. Mangelnde Stringenz und keine Ahnung, wo das jetzt wieder alles hinführen soll. Vorläufiges Formulieren. Umkehren, nochmal ansetzen. Abschweifung als Formprinzip. Ach was, überhaupt keine Formprinzipien. Oder wenn, dann nur welche, die man sich gerade ausgedacht hat.
Ja Entschuldigung, wenn das hier jetzt so ein Mission Statement wird, das wollte ich nicht, das ist mir so passiert. Weil ich dachte, ich müßte mich eben kurz erklären, bevor ich Euch mit Text belämmere, und jetzt wird das schon wieder so eine Ausführung. Passiert nicht nochmal.
Denn eigentlich soll es in diesen Newslettern um etwas anderes gehen, nämlich um das gute Leben, um die Pausen vom Doomscrolling, um den sogenannten wholesome content. Denn der Mensch lebt nicht vom cringe allein, er lebt auch von Tierchen und nom nom nom. Und deshalb bleiben Krieg, Pest und Julian Reichelt draußen vor der Tür (ggf. angeleint), in diesem Newsi geht es um die schönen Dinge. Es wird vermutlich gnadenlos autobiographisch. Ich werde “ich” sagen. Ich werde Euch mit Gartencontent langweilen (dann kann ich auch mein Insta-Game etwas zurückfahren, dieses Engagement auf einer Zuckerberg-Plattform ist mir nämlich latent peinlich). Ich werde hier zwar nicht laut, aber schriftlich denken. Es gibt Bilder von Blümchen und von Insekten. Und ich finde es weniger anmaßend, das in einen Substack zu gießen, als den Buchmarkt mit der nächsten Autofiktion zu belästigen über mein Leben und was das mit mir macht.
Glaubt bloß nicht, daß ich schon einen ausgefeilten Plan habe, was jetzt kommt. Ich taste mich doch auch nur blind vorwärts. Immerhin habe ich ein Logo gebastelt und einen Header, das muß fürs erste reichen. Für meine Verhältnisse ist das nahezu ein Businessplan.
Bis zum nächsten Mal könnt ihr meinen Text über die Gartenschläfer lesen, der hat auch keine Paywall. Und dann auch noch die Arte-Doku über den unbekanntesten aller Bilche anschauen.
Und nun entschuldigt mich, meine Katze hat Hunger. Denn Tiere sind wichtig.
Bis bald,
Andrea